Olympiatagebuch Rio 2016 Teil 4 – Geschichte geschrieben!

Die ersten vier Wettkampftage des olympischen Basketballturniers sind vorbei und nach meinem Einstieg als „Standby“-Referee durfte ich an den vergangenen drei Tagen aktiv werden.

Bekanntermaßen trifft hier die Weltelite aufeinander, so dass von vielen engen Spielen ausgegangen werden kann und Winzigkeiten, einzelne (Fehl)Entscheidungen, seien es solche von den Spielern oder Schiedsrichtern oder gar die letzte Aktion im Spiel über Sieg und Niederlage entscheiden. So auch in meinem ersten Spiel Kroatien gegen Spanien, in dem eine individuelle Defensivaktion mit der Schlusssekunde das Spiel entschieden hat.

Gleich einen Tag später im Duell Serbien – Kanada sorgte eine kanadische Spielerin mit einem Drei-Punkte-Wurf kurz vor Spielende für die Entscheidung.

Am gestrigen Dienstag (09. August) wurde ich nicht nur für das Spiel Litauen gegen Nigeria nominiert, dieses Spiel hatte insofern noch etwas Besonderes, als dass es das erste Spiel in der Geschichte des Olympischen Herren Basketball-Turniers war, das von einem weiblichen und einem männlichen Schiedsrichter aus derselben Nation geleitet wurde. Mit zwei Nominierten ist es ohnehin aus deutscher Basketball-Schiedsrichter-Sicht ein historisches Turnier. Mit ihrer sehr guten Leistung im gestrigen Spiel hat meine hochgeschätzte Kollegin Anne Panther die Krone aufgesetzt! An dieser Stelle nochmals meinen herzlichen Glückwunsch, Anne!

Hier geht es natürlich auch unter den Schiedsrichter um sehr viel Prestige, auch wenn ein jeder nominierten Referee bereits mit der Einladung zu Olympia ein Meilenstein in seiner Karriere erreicht hat. Das Spiel als solches lief auch sehr gut, da mit dem afrikanischen Außenseiter jeder der Zuschauer sympathisierte (ausgenommen die litauischen Fans natürlich) und dieser so immer mit dem kleinen Tick Extramotivation im Spiel blieb, auch wenn sich am Ende die Erfahrung der Balten durchsetzte.

Heute Abend erwartet mich dann das nächste Highlight mit den beiden ungeschlagenen Teams der Gruppe A – Australien und die USA.

Abseits des Spielfeldes gibt es natürlich auch wieder die ein oder andere Anekdote zu berichten.

Was jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung darstellt, ist die Tatsache, dass kaum ein Brasilianer eine andere Sprache beherrscht als die portugiesische Muttersprache. Das fängt bei der simplen Kaffeebestellung beim Frühstück an und endet – sehr gestenreich mit Händen und Füßen unterstützt – beim Schneider, der mir meine Hose enger und kürzer schneidern sollte.

In puncto Service und Geschwindigkeit kann man im allgemeinen nicht das südamerikanische Temperament erwarten, im Gegenteil es ist alles sehr gemächlich, so dass man schon einmal 20 Minuten auf seine Essensrechnung warten darf.

Als sehr positiv hat sich für mich der öffentliche Busverkehr dargestellt. Sehr pünktlich und in hoher Taktung kann man zu den unterschiedlichsten Orten in der Stadt fahren. Da alle Offiziellen einen „Public Transport Pass“ erhalten haben, ist diese Art der Fortbewegung auch finanziell sehr günstig. Rio ist natürlich sehr groß und dementsprechend muss man mit langen Fahrtzeiten rechnen, jedoch gibt es so viel zu sehen, dass diese Zeit auch zügig vergeht.

Das Wetter hat mittlerweile umgeschlagen und vom Sommer der ersten Tage ist nicht mehr viel übrig geblieben. Sturm und Regen begleiten uns jetzt täglich – so heftig, dass Sportevents abgesagt und verschoben werden müssen. Auch der Mega Store im Olympia-Park, in dem Souvenirs aller Art erworben werden können, musste zeitweise geschlossen werden, da die Zelt-Stahl-Konstruktion im Dach Risse aufwies und ich höflich aber bestimmt zum Verlassen des Gebäudes aufgefordert wurde.

Die relativ hohe Luftfeuchtigkeit macht es mir auch nicht ganz leicht im Hinblick auf meine Sachen. Während ich private Wäsche und ähnliches problemlos in der Wäscherei abgeben kann, gibt es ein ungeschriebenes Gesetz, dass die SR-Uniform weder bei Flügen mit dem Gepäck eingecheckt werden darf, noch sollte man sie in die Hotelwäsche geben! Der Hintergrund ist so simpel wie logisch, Gepäck kann immer verloren gehen (wer hat das noch nicht erfahren) und Wäsche kann entweder auch verloren gehen oder ruiniert werden und dann steht man da – ohne Berufskleidung im wichtigsten Turnier der Welt…

Robert